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Veränderung beginnt im Kleinen.

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Trans*, Crossdressing und der alte Begriff "Transvestit": Wie wir sauber unterscheiden und respektvoll sprechen

  • Autorenbild: Lizbeth
    Lizbeth
  • 3. Dez.
  • 4 Min. Lesezeit
Drag-Performer beim Schminken
Make-Up auftragen

Sprache verändert sich, weil unsere Sicht auf Menschen sich verändert. Wer mitreden will, braucht zwei Grundsätze: Identität ist nicht das Gleiche wie Ausdruck, und: Beides ist nicht das Gleiche wie Bühnenkunst. Wenn wir das auseinanderhalten, verschwinden viele Missverständnisse von selbst.

Identität verstehen, ohne zu pathologisieren

Geschlechtsidentität ist das innere Wissen, welches Geschlecht frau:man ist. Die Weltgesundheitsorganisation hat diesen Bereich in der ICD-11 entpathologisiert: "Gender Incongruence" gehört dort nicht mehr zu psychischen Störungen, sondern zum Kapitel "Sexuelle Gesundheit". Das signalisiert: Es geht um Zugang zu Versorgung, nicht um Krankheitsstempel. (siehe WHO: Gender incongruence and transgender health in the ICD)

Fachlich schließt daran der internationale Standard der WPATH an. Die "Standards of Care" Version 8 betonen Vielfalt, Selbstbestimmung und eine bejahende, evidenzbasierte Versorgung, statt starre Schablonen zu erzwingen. (siehe WPATH: Standards of Care Version 8)

Was "trans" bedeutet

Trans oder transgender sind Selbstbezeichnungen für Menschen, deren Geschlechtsidentität nicht mit dem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht übereinstimmt. Manche trans Personen sind binär, andere nichtbinär. Der Gegenbegriff ist "cis". Diese Begriffe beschreiben Identität, nicht Kleidung, Auftreten oder Sexualität. Seriöse Sprachleitfäden empfehlen, trans als Adjektiv zu verwenden und Menschen nie auf ein Etikett zu reduzieren. (siehe Queer Lexikon: trans)

Ein Perspektivwechsel hilft: Trans zu sein ist kein "Weg von der Norm", sondern ein "Hin zu sich selbst". In Gesprächen reicht oft schon, Namen und Pronomen einer Person konsequent zu verwenden. Das ist kein Extra, sondern normaler Respekt.

Crossdressing

Crossdressing bezeichnet das Tragen von Kleidung, die in einer Kultur einem anderen Geschlecht zugeschrieben wird. Manchmal ist es privat, manchmal öffentlich, manchmal selten, manchmal regelmäßig. Es sagt nichts darüber aus, ob jemand trans ist, welche sexuelle Orientierung jemand hat oder ob eine Transition gewünscht ist. Gute Sprachleitfäden raten deshalb, Crossdressing klar von trans Identitäten und auch von Drag zu unterscheiden. (siehe The Association of LGTBQ+ Journalists: Stylebook on LGBTQ+ Terminology)

Ein Alltagsbeispiel: Jemand, der gern mit Silhouette, Make-up und Mode experimentiert, kann Crossdresser sein, ohne sich als Frau, Mann oder nichtbinär anders zu verorten als bisher. Umgekehrt gibt es trans Menschen, die sehr unauffällig auftreten und an Kleidung nichts ändern. Beides ist stimmig, weil es um Identität geht, nicht um Stil.

Drag, Travestie und Bühnenkunst

Drag ist eine Kunstform. Drag-Artists spielen mit Geschlechtssignalen, Kostüm, Humor und Überzeichnung. Das ist Performance, nicht Identität. Drag sagt nichts darüber aus, ob jemand trans ist. Das deutsche Wort "Travestie" wird im Alltag oft synonym für Drag verwendet. Seriöse Leitfäden trennen auch hier klar zwischen Kunst und Identität.

Warum der Begriff "Transvestit" heute gemieden wird

Historisch prägte Magnus Hirschfeld 1910 den Fachbegriff "Transvestit" und verfasste dazu die erste große Studie. In der Weimarer Republik gab es sogar amtliche "Transvestitenscheine". Aus heutiger Sicht gilt der Ausdruck im Deutschen als veraltet und oft abwertend, weil er verschiedenste Erfahrungen in einen Topf warf und in pathologisierende Kontexte geriet. Heute empfehlen deutsch- und englischsprachige Leitfäden, den Begriff nicht zu verwenden, außer eine Person wählt ihn ausdrücklich für sich. (siehe Deutsches Historisches Museum: Wozu das denn? Ein Schein zum (Anders)-Sein)

Der Rechtsrahmen in Deutschland: einfach, zivil, beim Standesamt

Seit dem 1. November 2024 gilt das Selbstbestimmungsgesetz. Es ersetzt das alte Transsexuellengesetz und ermöglicht die Änderung von Vornamen und Geschlechtseintrag in einem zivilen Verfahren beim Standesamt, ohne Gutachten oder Gerichtsverfahren. Offizielle Informationsseiten des Bundes erklären Inhalte, Fristen und praktische Abläufe.

Für das Umdenken ist wichtig: Recht folgt hier der Realität. Das Gesetz anerkennt, dass Identität eine persönliche, rechtsrelevante Tatsache ist und dass Hürden nicht schützen, sondern unnötig belasten. Erste Erfahrungsberichte und Auswertungen aus Ländern und Ländern innerhalb Deutschlands zeigen, dass das Verfahren in der Praxis genutzt wird.

Häufige Verwechslungen

"Trans" ist Identität. Sie beschreibt, wer jemand ist. Sie entsteht nicht erst durch Kleidung, Hormontherapie oder Operationen. Manche trans Menschen verändern ihren Körper medizinisch, andere nicht. Alles davon ist gleich gültig und verdient Respekt.

"Crossdressing" ist Ausdruck. Es sagt nichts über Identität oder Sexualität aus. Jemand kann Crossdresser sein und cis. Jemand kann trans sein und nie crossdressen. Beides widerspricht sich nicht.

"Drag" ist Performance. Ein Drag-Artist kann cis sein oder trans oder nichtbinär. Drag ist nicht automatisch ein Zeichen für Identität.

"Transvestit" ist ein historischer Begriff. Heute ist er zumeist unpassend, weil er abwertend oder ungenau wirkt. Besser ist: die Selbstbezeichnung der Person verwenden.

Leitfaden für respektvolle Sprache im Alltag

Respekt beginnt damit, Menschen so zu benennen, wie sie es wünschen. Seriöse Styleguides raten, trans als Adjektiv zu nutzen, nicht als Substantiv, und problematische oder veraltete Wörter zu vermeiden. Wer unsicher ist, fragt freundlich nach Namen und Pronomen und verwendet diese anschließend konsequent. Das ist weder kompliziert noch "politisch korrekt" oder woke, sondern ganz normale Höflichkeit.

Ein einfaches Prinzip hilft überall, ob im Verein, in der Schule oder im Büro: Wir müssen die Erfahrungen anderer nicht verstehen, um sie zu respektieren. Entscheidend ist, dass die Person ihren Alltag leben kann, ohne ständig erklären oder sich rechtfertigen zu müssen.

Ein paar Szenen aus dem Leben

Im Sportverein meldet sich Alex künftig als Alex an und wählt "keine Angabe" beim Geschlecht, weil Alex nichtbinär ist. Das ist keine Laune, sondern Identität.

In der Familie kommt Tante Lilo an Weihnachten im funkelnden Kleid. Lilo bezeichnet sich als Crossdresser und bleibt bei männlichen Pronomen. Das ist Ausdruck, nicht Identität.

Im Kulturzentrum kündigt die Bühne "Drag Night" an. Das ist Performance. Niemand braucht daraus Rückschlüsse auf Identität zu ziehen.

In allen drei Situationen gibt es eine gemeinsame Antwort: Wir verwenden den gewünschten Namen, respektieren die Person und machen einfach weiter.

Warum das Umdenken lohnt

Sprache schafft Realität. Wer sauber unterscheidet, vermeidet Kränkungen und öffnet Räume. Menschen, die nicht ständig gegen falsche Zuschreibungen ansprechen müssen, haben mehr Energie für Arbeit, Familie, Ehrenamt, Kunst und Sport. Institutionen gewinnen Vertrauen, wenn Formulare, Aushänge und Ansprachen die Vielfalt der Lebenswirklichkeit abbilden. Gesetz, Medizinstandards und seriöse Medienleitfäden geben dafür längst den Rahmen vor.

Eure, Lizbeth

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