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Schweigen schützt niemanden

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Gebrochene Versprechen: Der Transgender-Bann in der US-Armee unter Trump

  • Autorenbild: Lizbeth
    Lizbeth
  • 22. Okt.
  • 4 Min. Lesezeit
Schild für beschränkten Zutritt, nur autorisiertes Personal
Verbannung...

Im Sommer 2016 herrschte für viele trans Menschen in den Vereinigten Staaten ein Moment der Hoffnung. Die Obama-Regierung hatte die Tür geöffnet: endlich durfte man offen und ohne Angst vor Entlassung im Militär dienen. Für jene, die ihrem Land mit Stolz und Loyalität verpflichtet waren, war dies nicht nur ein politischer Schritt, sondern ein zutiefst persönlicher Sieg. Endlich schien klar: die Uniform schützt nicht nur das Land, sondern auch die Identität derer, die sie tragen.

Doch nur ein Jahr später zerstörte Donald Trump diese Hoffnung mit wenigen Tweets. Im Juli 2017 erklärte er überraschend, dass trans Personen nicht länger im Militär dienen dürften. Was zunächst nach politischem Theater wirkte, wurde bald zur Realität. Memoranden, Richtlinien und Gerichtsverfahren folgten. Ein zermürbendes Hin und Her. Viele Soldatinnen und Soldaten wussten nicht, ob ihre Karriere enden würde, ob sie weiter medizinische Unterstützung erhielten oder ob sie ihre Kameraden plötzlich verlassen mussten. Hoffnung verwandelte sich in Angst, und die Botschaft war klar: eure Dienste sind nicht willkommen.

Als Joe Biden im Januar 2021 ins Amt kam, kehrte die Zuversicht zurück. Er hob die Restriktionen auf, und viele trans Personen fühlten sich rehabilitiert. Vielleicht war der Albtraum der Trump-Jahre doch nur eine Episode, die die amerikanische Demokratie bald korrigieren würde. Das Vertrauen in die Institutionen schien zumindest teilweise wiederhergestellt. Doch die Realität sollte anders aussehen.

Mit Beginn seiner zweiten Amtszeit im Januar 2025 schlug Trump erneut zu. Die Executive Order 14183, unterzeichnet im Namen "militärischer Einsatzfähigkeit und Exzellenz", verbannte trans Personen erneut aus dem Militär. Neue Rekrutierungen wurden gestoppt, medizinische Eingriffe für bereits Dienende eingefroren. Verteidigungsminister Pete Hegseth ordnete an, dass Betroffene überprüft und von der Truppe separiert werden müssen. Für viele bedeutete das nicht nur das Ende ihrer Karriere, sondern auch den Verlust ihrer sozialen Netzwerke, ihrer finanziellen Sicherheit und ihres Lebenssinns.

Die persönlichen Folgen sind verheerend. Master Sergeant Logan Ireland, der sein ganzes Leben in den Dienst der Air Force gestellt hatte, beschrieb den Moment so: "Das erste Gefühl, das ich hatte, war Verrat. Ich habe mein Leben in den Dienst gestellt" (siehe ABC News, 09.09.2025). Er hatte bereits seine Ruhestandsdokumente in der Hand, doch die Armee entzog ihm die Zusage. "Mir wurde das versprochen. Ich hatte meine Papiere und plötzlich war alles weg." Dieses Erlebnis steht stellvertretend für viele, deren Lebenspläne über Nacht zunichte gemacht wurden.

Auch für junge Offiziere bedeutete der Bann eine brutale Zäsur. 2nd Lt. Nicholas Talbott brachte es nach der Entscheidung des Supreme Court, das Verbot vorläufig zuzulassen, auf den Punkt: "Es ist so frustrierend, dass das immer wieder da durchmüssen" (ABC News, 19.05.2025).

Die Gerichte griffen zwar ein. Ein Bundesrichter blockierte im März 2025 vorläufig die Umsetzung, und der Supreme Court ließ Monate später das Verbot zwar in Kraft treten, ohne jedoch über seine Verfassungsmäßigkeit zu entscheiden. Für trans Menschen bedeutete das nur eines: noch mehr Unsicherheit. "Es fühlt sich an, als hätte man uns den Boden unter den Füßen weggezogen", sagte Navy Commander Emily Shilling, die das Gesetz als existenzielle Bedrohung empfindet (ABC News, 19.05.2025). Sie beschrieb ihre Lage drastisch: "Man kommt an diesen Punkt, wo man einfach auf dieser brennenden Brücke steht und entweder man läuft darüber oder es bleibt nichts mehr."

Doch selbst wenn am Ende entschieden würde, dass die Executive Order unrechtmäßig war, die Realität bleibt dieselbe. Viele sind bis dahin bereits entlassen, ihre Karrieren zerstört, ihr Vertrauen unwiederbringlich verloren. Denn Vertrauen ist kein Schalter, den man einfach wieder umlegen kann. Wer einmal erlebt hat, wie der eigene Dienst, die eigene Identität und die eigene Loyalität so leichtfertig geopfert werden, weiß, dass ein erneutes Versprechen der Sicherheit kaum noch etwas wert ist.

So wurde die Uniform, die einst Stolz und Zugehörigkeit versprach, für viele trans Personen zum Symbol von Verrat und Verlassenwerden. Sie wollten ihrem Land dienen, aber ihr Land hat sie im entscheidenden Moment fallen gelassen. Und das ist ein Schaden, der weit über juristische Urteile hinausgeht – ein Bruch, der kaum jemals geheilt werden kann.

Auch wenn dieses Geschehen auf den ersten Blick weit entfernt wirkt, zeigt es doch eine bittere Wahrheit: Rechte, die einmal erkämpft und scheinbar gesichert sind, können politisch jederzeit wieder infrage gestellt werden. Der Transgender-Bann in den USA macht deutlich, wie schnell Vertrauen zerstört werden kann, wenn eine Regierung beschließt, marginalisierte Gruppen erneut zum Spielball ideologischer Machtkämpfe zu machen. Für uns in Deutschland ist das eine Mahnung. Auch hierzulande stehen wir zwar an einem anderen Punkt, mit Fortschritten wie dem Selbstbestimmungsgesetz oder einem wachsenden gesellschaftlichen Bewusstsein für queere Themen. Doch die politische Landschaft ist fragil. Es reicht ein Regierungswechsel, und mühsam erkämpfte Errungenschaften können ins Wanken geraten.

Meine Sorge ist, dass sich in Deutschland eine ähnliche Dynamik entwickeln könnte. Schon heute erleben wir, wie rechtspopulistische Kräfte gezielt gegen trans und queere Menschen mobilisieren und dabei nicht zögern, Grundrechte infrage zu stellen. Wenn wir den Blick in die USA wagen, sehen wir, wie rasant Rechte zurückgedrängt werden können und wie schwer es ist, das Vertrauen der Betroffenen wiederherzustellen. Für mich ist klar: wir dürfen nicht in die Illusion verfallen, dass unsere Fortschritte unumkehrbar seien. Sie sind nur so stark wie der Wille der Gesellschaft, sie Tag für Tag zu verteidigen.

Eure, Lizbeth

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